Stuttgart. Fraktionschef Bernd Gögel MdL hat gestern das Kompositum „Öffnungsdiskussionsorgien“ als Unwort des Jahres bei der Darmstädter Jury eingereicht. Am 20. April hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer Konferenz des #CDU-Präsidiums über „Öffnungsdiskussionsorgien“ im Land beschwert und sie als „nicht hilfreich“ bezeichnet; das Thema waren die Regeln zur Eindämmung de#Corona-Virus. Als Merkel am Nachmittag auf die Wortschöpfung angesprochen wurde, sprach sie von ihrer Sorge, dass die Deutschen sich in falscher Sicherheit wiegen und die Lockerungen zu rasch vorantreiben könnten.

Der Verdacht liegt für Gögel nahe, dass die fehlende Kontrolle über die Debatte dieselbe zum „entfesselten Rausch“ macht, wie Orgie zu übersetzen ist; dass diese Debatte gerade überall und nicht nur an einem Konferenztisch im Kanzleramt mit ihr am Kopfende stattfindet – ja dass sie die Diskutanten lieber auswählen und ihnen bei Bedarf das Wort entziehen würde. „Nicht hilfreich“ heißt für Merkel: Eine ihrer Meinung nach falsche Meinung bekommt zu viel Aufmerksamkeit. Und eine nicht hilfreiche Orgie findet offenbar dann statt, wenn es sich bei der unerwünschten Meinung um mehr als eine Einzelmeinung handelt: „Das zeigt deutlich ihren antidemokratischen und mindestens monarchischen, wenn nicht gar totalitären Charakter, der sich im Sprachduktus verrät“, ist sich Gögel sicher.

Die Menschen diskutieren nicht aus Lust und Leichtsinn über das Ende des Stillstands, sondern weil sie um ihre Existenz bangen und die Diskussion ihnen Hoffnung und Perspektive gibt. „Wenn #Merkel die Debatten aus Angst vor einem Rückfall als ‚Öffnungsdiskussionsorgien‘ bezeichnet, ist das eine Bevormundung der Bürger: Wie schon bei der Öffnung der Grenzen 2015 sind Diskussionen nicht erwünscht. Das ist weder für unser Land noch für unsere Demokratie hilfreich“, so Gögel. Die Wahrheit ist den Menschen nicht nur zumutbar, wie Ingeborg Bachmann sagte, sie haben auch einen Anspruch darauf.