Stuttgart. „Der heute präsentierte ‚Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit‘ ist eine einzige realitätsferne Beschimpfung der eigenen Landsleute.“ Mit diesen Worten reagierte Fraktionschef Bernd Gögel MdL auf die Präsentation des Berichts durch den Ost-Beauftragten Marco Wanderwitz (CDU) heute in Berlin. „Dass Ostdeutschland selbst 31 Jahre nach der Einheit nur auf 81 % der Wirtschaftskraft Westdeutschlands kommt, war Wanderwitz ebenso wenig einer Erwähnung wert wie der durchschnittliche Stundenlohnunterschied von 20 zu 26 Euro. Stattdessen kündigt er ein ‚Ostdeutsches Begabtenförderungswerk‘ an – das hätte man 1990 gebraucht! – und, noch realitätsferner, mit der Neuansiedlung von Bundesinstitutionen 5000 Arbeitsplätze in der mitteldeutschen Kohleregion zu schaffen. In welche Berufe sollen Bergleute auf Behördenangestellte umgeschult werden? Das ist absurd.“
Vor allem aber kündet Wanderwitz‘ Wählerbeschimpfung von einem mit Arroganz gepaarten Misstrauen in die eigenen Landsleute, erregt sich Gögel. „Die AfD ist eine ‚rechtsradikale Partei‘ und ‚wer eine rechtsradikale Partei wählt, hat offenbar eine Grundablehnung der Demokratie‘, fabulierte er heute vor der BPK. Zugleich musste er zugeben, dass viele Ostdeutsche eine ‚Grundskepsis gegenüber Politik‘ hegten. Immerhin offenbarte er damit das Framing der Regierung: wer die Politik kritisiert, kann nur ein Demokratiefeind sein. Das Gegenteil ist richtig: wer diese Politik mit ihrer grundgesetzwidrigen Grenzöffnung, ihrer unwissenschaftlichen und teuren Klimareligion sowie ihrer Mobilitätsvernichtung kritisiert, macht sich Sorgen um die Demokratie! Hinzu kommt, dass sich ein Drittel der Ostdeutschen immer noch benachteiligt, als Bürger zweiter Klasse und bis heute nicht von dieser Demokratie vertreten sieht.“
Wanderwitz hat die DDR nur als Kind erlebt und steht als Anwalt und MdB gemeinsam mit seiner Frau, die ebenfalls MdB ist, von Anbeginn auf der Sonnenseite des Lebens, befindet Gögel. „Dass es auch Menschen mit anderen Erfahrungen gibt, die nach 1990 ihre Biographien entwertet sahen, die sich mit der Brandrodung der Ostkultur, ja ihrer ‚Feuerbestattung‘, wie die Cicero-Journalistin Andrea Hünniger schrieb, nicht abfinden, kommt ihm gar nicht mehr in den Sinn. Daneben erinnere ich daran, dass auch seine politischen Ansichten als fragwürdig, ja undemokratisch gelten können. So forderte er, Bürger mit ‚ungesunder Ernährung‘ stärker an der Finanzierung der Krankenkassen zu beteiligen, stimmte für die später durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte Vorratsdatenspeicherung und empfahl gar Sonderkonditionen beim gesetzlichen Mindestlohn für Zeitungszusteller, da die Mehrkosten der Zeitungsverlage der Pressefreiheit schadeten. Welche solche Politiker hat, braucht sich über die anhaltenden Bürgerproteste in Wanderwitz‘ Heimat Sachsen nicht zu wundern.“